Aufruhr am Parteitag der SP im Dezember. Die Debatte zur Wirtschaftsdemokratie läuft. Juso-VertreterInnen wollten Zentrales nicht im Ungefähren belassen: «Soll eine demokratische, ökologische und solidarische Wirtschaft zum Durchbruch gelangen, müssen wir damit beginnen, differenzierter über das Verhältnis von (Privat-)Eigentum und Gemeinwohl nachzudenken.» Betroffene müssten mitentscheiden können, wie das Privateigentum an den Produktionsmitteln zugunsten von Demokratie und Gemeinwohl transformiert werden könne.
Der Antrag wurde ganz knapp angenommen. Der handstreichartige Mutanfall zu analytischer Klarheit und einer Vision verursachte Unmut. Eine Wiederholung der Abstimmung wurde beantragt und der Antrag gekippt.
Die Frage bleibt trotzdem: Wie sieht eine Wirtschaft aus, die dem Gemeinwohl und den Menschen dient – allen und nicht wenigen? Wem soll die Welt in Zukunft gehören – der Boden im Zürcher Kreis 5 und die Bündner Alpen, die Rechte an Heilpflanzen in Lateinamerika, die Internetplattformen des Silicon Valley und die Textilfabriken in Bangladesh? Für wen sollen die Menschen arbeiten? Wer bestimmt das alles (mit)? Dass die SP wieder solche Diskussionen auslöst, hat am Parteitag nicht wenige mit leisem Stolz erfüllt, mit wiedererwachender Freude und Lust an Politik in wahrlich nicht einfachen Zeiten.
Auch Leonhard Ragaz würde sich freuen. Er formulierte vor genau hundert Jahren in seinem «Programm» Die Neue Schweiz: «Es ist das soziale Problem, das heisst: der grosse Streit, der sich am Tagen besonders in die grossen Gegensätze von Kapital und Arbeit, Arbeitgeber und Arbeitnehmer, Bourgeoisie und Proletariat, Bauer und Arbeiter oder allgemeiner: Stadt und Land zerlegt.