«Eher geht ein Kamel durch ein Nadelöhr als ein Reicher in das Reich Gottes.» In den Evangelien finden wir diese Antwort von Jesus auf die Frage des reichen Jünglings nach dem ewigen Leben. Gibt uns diese Geschichte auch heute eine Orientierung im Umgang mit Reichtum und Armut und mit der Frage, was wir angesichts eines ungerechten Wirtschaftssystems tun sollen?
Die Geschichte vom reichen Jüngling hat man oft als Aufruf zu einer moralischen Askese gewertet: Alles hergeben! Dann steht sofort im Raum: Das kann ja niemand. Tatsächlich warnt Jesus vor dem Geld schärfer als vor dem Teufel. Im 6. Kapitel bei Matthäus heisst es, dass wir wählen müssen: Wir können nicht Gott dienen und dem Mammon. Der reiche Jüngling stellt sich vor als jemand, der alle Gebote hält. Und dann kommt er an einen Punkt, den er mit Entschlusskraft nicht bewältigen kann. Das wäre zu übertragen auf die gesamte Einstellung zum Geld. Wir denken, das Geld, das wir in unserem Portemonnaie tragen, sei unser Verdienst, was ja bürgerlich gesehen auch stimmt. Dieser Eindruck ist in den Augen Jesu völlig falsch. Uns gehört gar nichts, vor allem nicht unser Leben. Schon die Voraussetzung, arbeiten zu können, besteht darin, dass wir einigermassen gesund sind. Darauf haben wir nur mässig Einfluss. Definieren wir solches Glück als ein Geschenk aus den Händen Gottes, ist Geld niemals ein Besitz, kein Anspruchsrecht, kein Eigentum. Es ist eine Leihgabe Gottes, auf dass derjenige, der glücklicher dasteht, es weitergibt an denjenigen, der sich unglücklicher findet.
So wie Sie diese Geschichte interpretieren, richtet sie sich an alle. Ist die Bibel nicht ein Buch, das aus der Sicht der Leidenden und für die Leidenden, für die Armen und Ausgegrenzten geschrieben worden ist? Wie finden wir Wohlhabenden und Privilegierten Anschluss daran?
Was Jesus sagen möchte, richtet sich im Grunde an alle Menschen. Es ist die Entdeckung von Paulus, dass die erlösende Botschaft Jesu, die befreit von all den Zwängen des bürgerlichen Daseins, notwendig ist für jeden Menschen, an jedem Ort der Welt, zu jedem Augenblick der Zeit. Dass die Bibel die Welt betrachtet aus der Sicht der Unterdrückten und Zukurzgekommenen, ist eine Wunschoption der Theologinnen und Theologen. Natürlich ist daran richtig, dass Jesus gerade diese Perspektive einnimmt, freilich nicht einmal so sehr sozial. So wie ich eben das Thema Geld zurückführte auf ein existenzielles Grundproblem, so betrachtet Jesus die Menschen. Wenn er sie als Leidende sieht, dann als erstes als Personen, die mit sich selber aufgrund ihrer Angst, ihrer Schuldgefühle, ihrer Entfremdung in Widersprüchen leben. Freilich, wer einem einzelnen Menschen, der zum Beispiel seelisch krank ist, helfen möchte, ist augenblicklich dabei, die Machtsysteme in Frage zu stellen, die ihn ausbeuten, entfremden, gegen sich selber in Stellung bringen. Im Hintergrund geht es auch objektiv um die Strukturen der Macht. Jesus ändert sie aber nicht mit Gewalt und Aufstand, sondern indem er die Werteordnung umstösst.
Wo zeigt sich das in der Bibel konkret?
Das wird ins Finale gebracht bei Matthäus im 25. Kapitel. Das letzte Gleichnis Jesu dreht sich um die Frage, was denn sein wird, wenn Gott kommt, um unser Leben zu prüfen. Der Menschensohn wird nicht fragen, wie reich du bist, wie du die Karriereleiter hinaufgeklettert bist. Die Fragen sind simpel: Es gab in deinem Leben Menschen, die waren nackt, die waren gefangen, die waren krank, die hatten Hunger – was hast du getan, deren Not zu lindern? Diese sozialen Fragestellungen lassen sich natürlich genauso übersetzen ins Innerliche. Aber hören wir nur «ich war fremd» von Jesus, dann steht das Migrationsproblem unserer Tage vor uns, die Abschottung Europas gegenüber Millionen Menschen, die Behinderung von Booten, die im Rettungsdienst in Seenot geratene Flüchtlinge an Bord nehmen möchten und vom italienischen und libyschen Militär daran gehindert werden. Europa tut alles, um sich weiter abzuschotten – gegenüber einer Not, für die es wirtschaftlich selber die Hauptursache ist.
Aber ist die Bibel nicht trotzdem Vergangenheit?
Die Bibel ist ein archaisches Buch mit einer Geschichte von rund dreitausend Jahren. Sie ist verankert in einem orientalischen Rechtssystem, das, wenn man es wörtlich in unsere Tage übersetzt, zu unerträglichen und unmenschlichen Zuständen führen muss. Es ist sehr gefährlich, die Bibel unhistorisch zu lesen, wie das in fundamentalistischen, aber auch zionistischen Kreisen immer noch geschieht.
Umso wichtiger ist, dass wir so etwas wie einen «Filter» haben in der Person des Mannes aus Nazareth. Er hat uns gelehrt, die Bibel – das war sein heiliges Buch, nur daraus ist seine Person selbst zu verstehen – zu lesen mit den Augen der Liebe, einer Liebe, die er in absolutem Sinne Gott zutraut. Gewalt, Machtbesitz, Unterdrückung und Ausrottung fremder Völker – Dinge, die man in der Bibel eigentlich nicht vermutet, die aber dort gang und gäbe sind – filtert Jesus so heraus, dass sie sich allenfalls in symbolischer Form, in der Auseinandersetzung mit sich selber, als Wahrheit dartun. Wie man Menschen von Angst zu Vertrauen begleitet, von Aggression zu Güte, von Rachsucht zu Vergebung, das alles liest Jesus in der Bibel.
Was bedeutet Ihnen die Bibel ganz persönlich?
Für mich selber ist die Botschaft Jesu die Grundlage dafür, in dieser Welt leben zu mögen. Vor allem die Worte und die Handlungsweise des Mannes aus Nazareth in den Evangelien lassen Licht durch die Kerkermauer hineinströmen und machen mich glauben, es gäbe draussen eine andere, bessere Welt. Und auf diese zuzugehen, werde ich nicht aufhören, selbst wenn die Misserfolge wahrscheinlicher sind als ein grosser realer Durchbruch in dem, was wir Geschichte nennen.
Der Philosoph Walter Benjamin verfasste in den frühen 1920er Jahren einen Text, der Fragment geblieben ist: Kapitalismus als Religion. Benjamin war der Auffassung, der Kapitalismus sei nicht nur ein religiös bedingtes Gebilde, sondern eine «essentiell religiöse Erscheinung». In Ihrer 2017 erschienenen Trilogie Kapital & Christentum stützen Sie sich auf Benjamins These und gehen zugleich über diese hinaus, indem Sie festhalten, der Kapitalismus sei eine «Religion ohne Gott. Also: Ohne Gnade». Worauf wollen Sie hinaus?
Dass der Kapitalismus eine Religion ohne Gnade ist, kann man bereits aus Benjamins Abriss herauslesen. Benjamin stellt die Religion, wie sie bisher war und wie sie versuchte – wenn auch mit Opferpraktiken – eine Art Entschuldung der Menschen herbeizuführen, dem Kapitalismus gegenüber. Dieser treibt die Menschen mit Absicht und Notwendigkeit in immer höhere Verschuldungsgrade. Er führt den Krieg herbei, statt ihn zu verhindern. Er ist die realisierte Apokalyptik.
Was Benjamin ein Stück weit unterschätzt, ist die Geschichte des Christentums. Kirche und Staat, irdische Macht und Gottesherrschaft, sind seit 312 n.Chr., nach Konstantins Schlacht an der Milvischen Brücke, bis in die Gegenwart hinein auf eine Weise «ineinander gepresst», dass wir uns schwertun, klar zu sehen, was heute Religion ist. Der Kapitalismus ist die vergiftete, aber reife Frucht eines degenerierten Christentums. Er ist die Perversion aller Erlösungsansprüche und -verheissungen, die in der Botschaft Jesu gelegen haben.
Aber viele Kirchen sind doch Staat und Wirtschaft gegenüber heute kritischer.
Es kommt zu spät, wenn sie heute daran erinnern, dass wir ja eine Verpflichtung den Armen gegenüber haben. Die Kirchen sitzen selber mitten im Finanzturm, den sie nicht verlassen können, ohne alles, was sie aufgebaut haben, zugrunde zu richten. Es bräuchte einen Neuanfang. Das hat Luther vor einem halben Jahrtausend probiert in seinen Ablassthesen, in seiner Kritik am Zinswucher. Er hat es leider verpasst, auch das Militär und die Staatsautorität anzugreifen. An dieser Stelle spaltete sich die ganze reformatorische Bewegung, in den bewaffneten Widerstand von Thomas Müntzer in den Bauernkriegen und in die reaktionäre Antwort, die Martin Luther darauf gefunden hat. Wir bräuchten eine innere Synthese, dann hätten wir Jesus wieder: den Menschen heilen durch Infragestellung auch der äusseren Systeme der Unterdrückung. Das wäre die richtige Reihenfolge.
Die Finanzkrise der vergangenen Jahre hat offenbar gemacht, dass finanzielle Schulden und moralische Schuld nahe beieinander stehen. Da wurden zum Beispiel die angeblich «faulen» GriechInnen für die faulen Kredite haftbar gemacht, die WirtschaftsführerInnen und BankmanagerInnen aufgenommen hatten. Was die Schwachen und Machtlosen nötig hätten, wäre also ein Schuldenerlass. Das ist ein zutiefst biblisches Thema!
Das ist absolut essenziell. Es ist ein Fehler, dass man Menschen, die materiell in Schuld geraten sind, moralisch dafür haftbar machen möchte. Über Hilflosen und Zerbrochenen den Stab zu brechen, ist ganz falsch. Sie brauchen dringlich Hilfe, selbstverständlich. Vergebung von materiellen Schulden und von moralischen Verfehlungen ist für Jesus ein und dasselbe. Denn er führt die Perspektive auf die menschliche Existenz noch weiter. Ich habe erwähnt, dass für Walter Benjamin die Entschuldung der Menschen in den Religionen durch Opferhandlungen vonstattengeht. Auch das ist ein Gedanke, der sich im Christentum verbindet mit der Kreuzigung Jesu. In Wirklichkeit aber wurde Jesus dafür gekreuzigt, dass er die ganze Opferpraxis im Tempel in den Händen der Hohepriester abgelehnt hat. Jesus lehrte einen Gott, der definitiv keine Opfer braucht, um den Menschen zu vergeben, der keine Vorleistungen benötigt, damit man ihn versöhnt.
Worin besteht die alternative Haltung von Jesus?
Jesus setzt dieser Praxis Vertrauen entgegen: angenommen zu sein ohne Vorbedingungen, hoffen und vertrauen zu dürfen auf Vergebung unter allen Umständen. Deshalb legt er sich an mit den Hohepriestern im Tempel, deshalb die sogenannte Tempelreinigung. Deswegen der Rückgriff auf den Propheten Jeremia, der das genau so sah. Gott vergibt im neuen Bund ohne jegliche Bedingung. Es gibt überhaupt keinen Ort mehr, an dem man Opfer darbringen könnte, der Tempel ist unter Nebukadnezar III. 587 v. Chr. vernichtet worden. Wenn das alles gilt, ist Vergebung nicht etwas, das wir auf der wirtschaftlichen und moralischen Ebene handhaben müssten, sondern eine Grundbedingung dafür, richtig leben zu können. Man kann zeigen, dass die ganze Geldwirtschaft überhaupt erst entstanden ist aus den Opferpraktiken der Priester. Wenn wir vom Entrichten des Obulus sprechen, rührt das von den Bratspiesschen her, die bei den Opfern für Zeus mit dem Fleisch der getöteten Stiere besteckt und den Marktteilnehmern ausgehändigt wurden, je nach ihren sogenannten Verdiensten. Geld ohne Schuld ist nicht denkbar und der Zins nur der Ausdruck dafür. Mit all dem zu brechen, wäre das Ende der kapitalistischen Geldwirtschaft von den Grundlagen der menschlichen Existenz her.
Sie konstatieren die Notwendigkeit einer radikalen Transformation des Staats, der nicht mehr im Dienst des Kapitals stehen soll, sondern im Dienst der Menschen. Zugleich stellen Sie die Frage, wie man die Menschen transformiert, mit denen die Transformation des Staats zu bewerkstelligen wäre. Wenn wir Sie richtig verstehen, bedeutet Transformation in Ihrem Sinne, nach Erich Fromm frei von der «Angst vor der Freiheit» zu werden. Wie kann das geschehen?
Wenn sie Fromm anführen oder überhaupt die Psychoanalyse, dann ist die Antwort ziemlich klar. Angstüberwindung bedingt ein Vertrauen, das erst ermöglicht, eine mit sich identische Person zu werden. Das ist ein langer Vorgang, der nicht von aussen zu befehlen ist und auch nicht mit Demonstrationen herbeigeredet werden kann, der schlichtweg gar nicht organisierbar ist in grossen Gruppen. Es ist etwas, das am Einzelnen im Einzelnen geschieht. Die «normale» Form von Angstüberwindung ist demgegenüber die Kollektivierung, die Auslieferung der persönlichen Freiheit an die Masse, der Wunsch, autoritär gelenkt zu werden. Das ist der Zustand, in dem wir uns befinden. Wir haben einen Staat, der uns Sicherheit verspricht, nach innen wie nach aussen. Wir sind grade dabei, neu aufzurüsten mit gigantischen Mitteln. Das fördert nicht die Sicherheit. Das schafft lediglich ein Alibi für die hegemonialen Strategien vor allem der USA. Ausserdem ist der Staat heute nicht mehr nur eine Machtapparatur mit militärischem Durchsetzungswillen und zur wirtschaftlichen Kontrolle der Arbeitsplätze, der Ressourcen, der Ausbeutung und der Absatzwege weltweit. Wir haben es heute vor allem zu tun mit einer Regulations-, Disziplinar- und Kontrollinstanz im Intimbereich jedes Einzelnen. Alles wird gespeichert, damit auch marktgerecht auf die Daten zugegriffen werden kann.
Können wir wirklich nur in langsamen, individuellen Prozessen, von innen her dieses System ein Stück verändern? Müssen sich die Menschen nicht doch auch organisieren, um dem Rad der heutigen Weltordnung in die Speichen zu fallen? Gibt es kein Kollektiv, das auch positiv zu definieren wäre?
Wir können nur etwas ändern, wenn wir als Einzelne für unsere Überzeugungen in Freiheit grade stehen. Sonst drohen wir abhängig zu werden von Geld, Einfluss, Medien, Öffentlichkeit. Und das entfernt uns von uns selber – eine wirkliche Gefahr. Sie wird im Neuen Testament diskutiert. Es ist in Matthäus Kapitel 4 der Teufel, der Jesus anbietet, er könne die ganze Welt beherrschen. Er müsse nur niederfallen und den Satan anbeten. Man verkauft seine Seele, und augenblicklich hat man Geld und Macht im Überfluss.
Auf der anderen Seite stimme ich Ihnen natürlich zu. Wer sieht, was Menschen guttut, steht auch in der Pflicht, öffentlich dafür einzutreten. Psychotherapeutinnen und Psychotherapeuten könnten unisono sagen: Aus unserer Erfahrung brauchen wir eine Pädagogik, die verhindert, dass Menschen in grosser Zahl seelisch krank werden, dass man sogar noch ihre seelischen Krankheiten, ihre Süchte, ihre Persönlichkeitslücken ausbeutet. Man würde das, was zuerst im Einzelgespräch analysiert wird, rückmelden an die Öffentlichkeit, um die politische Wirklichkeit zu ändern. Es ist dringlich wünschbar, dass auch die Ärztinnen und Ärzte so handeln. Wie viel frisst sich von der Angst in den Körper hinein? Wie gehen wir um mit kranken Menschen? Wie wehren wir uns gegen Krankheit und Tod durch den Autoverkehr?
Und ein noch Beispiel: Wir haben die riesige industrialisierte Massentierhaltung, deren Schlachtfabriken überhaupt nur in Gang gehalten werden können, weil Tierärztinnen und Tierärzte mitwirken. Was wäre, wenn sie unisono aufstehen würden: Wir haben nicht jahrelang Biologie studiert und Verhaltensforschung gelernt, um nicht zu wissen, dass Tiere anders gehalten werden müssen. Das ist Tierquälerei. Das wären Massenbewegungen,
die ich mir wünschen würde, klar.
Sehr unwahrscheinlich, aber genauso dringlich ist der alte Traum: Proletarier aller Länder, vereinigt euch! Dass die Unterschicht selber aufsteht, ist illusorisch. Es ist kaum denkbar, aus einer Position der Schwäche heraus aufzustehen, das müssen diejenigen machen, die klar denken können, die Bescheid wissen, die sich auszudrücken verstehen.
Aber auch unter diesen Menschen, die «Bescheid wissen», scheint derzeit die Stimmung vorzuherrschen, wenig Wirksames gegen die zerstörerischen Kräfte unternehmen zu können. Wie kommen wir in dieser Situation zu einer Erneuerung des Glaubens an eine andere Welt? Wie nehmen wir das Licht wahr, das durch die Kerkermauern dringt, das Sie beschrieben haben?
Mir scheint dies die wichtigste Form der Rückkehr zur Menschlichkeit zu sein: dass wir aufhören, an den Tod zu glauben, sondern an die Botschaft des Lebens. Im Hintergrund aller Ängste steht das Grundgefühl der Wertlosigkeit, der Hinfälligkeit. Das naturphilosophische Weltbild lässt uns zu Konkurrentinnen und Konkurrenten werden. Ein Kampf auf Leben und Tod: Wer ist der Beste, der Tüchtigste, der Leistungsstärkste, der Erfolgreichste? Nur der Sieger bekommt alles. Schon der zweite Platz ist identisch mit dem Vernichtungsurteil. In dieser erbarmungslosen Welt ist die Botschaft Jesu von erlösender Bedeutung. Es gibt mehr zu fürchten als den Tod. Zu fürchten ist, dass wir aus lauter Angst nicht richtig leben. Aber um richtig zu leben, brauchen wir ein Vertrauen, dass der Tod nicht das letzte Wort über unser Leben behält. Sondern, dass wir hervorgegangen sind aus Gottes Händen.
Diese Welt zu verlassen bedeutet, in die Hände Gottes zurückzukehren und alles zu sehen mit seinen Augen. Das verbirgt sich hinter dem Schlüsselwort der Ostertage – Auferstehung. Diejenigen, die Jesus töteten, hatten nur die Macht zu zeigen, wer sie selber sind: der organisierte Sadismus. Umso mehr ist wahr, was am See Genezareth gesprochen wurde: Glücklich nenne ich die Menschen, die in dieser Welt noch weinen können. Glücklich nenne ich die Menschen, die in dieser Welt es wagen, wehrlos zu sein. Glücklich nenne ich die Menschen, die ihre Armut kennen und anerkennen. Nur sie werden fähig zu Wahrheit, zu Frieden und zu Gemeinsamkeit. Diese Worte widerlegen alles, was uns als wahr aufgetischt wird. In diesem Unterschied besteht die Orientierung
unseres Lebens.
Eugen Drewermann, *1940, ist Theologe, Psychoanalytiker, Schriftsteller und seit 1992 suspendierter katholischer Priester.
*1962, ist Co-Redaktionsleiter der Neuen Wege, Theologe und Vorstandsmitglied der Schweizerischen Menschenrechtsinstitution SMRI.
*1949, lebt in Winterthur und ist Mitglied der Redaktion der Neuen Wege.