Die Tänzerin auf der Bühne, die Segensgeste im Gottesdienst, das Jesuskind auf Marias Armen: Wenn wir sie uns vorstellen, haben wir vermutlich nichtbehinderte Körper vor Augen. Unverletzte Beine. Zwei Arme, ohne Einschränkung, erhoben. Ein Kind ohne Downsyndrom. Dass im Zentrum der christlichen Religion hingegen ein verwundeter, verletzter Mensch steht, nimmt eine Theologie der Behinderung zum Ausgangspunkt für so manchen Perspektivwechsel. Nötige Perspektivwechsel, die Sand ins Getriebe unserer erfolgsgetrimmten Leistungsgesellschaft werfen. Um diese geht es in der aktuellen Ausgabe der Zeitschrift Neue Wege.
Der Philosophieprofessor Werner Schüssler hat das Buch Der behinderte Gott von Nancy L. Eiesland übersetzt. Wir haben bei ihm nachgefragt, wie das Grundlagenwerk einer Theologie der Behinderung heute noch rezipiert wird und was es erreicht hat. Die Aktivistin Sigrid Arnade, der Pfarrer Andreas Köhler-Andereggen und der Jungpolitiker Lukas Paul Spichiger erzählen im Generationengespräch von ihren Erfahrungen als Menschen mit Behinderung in der Öffentlichkeit. Georg Kasch kennt als Theaterkritiker die Welt der Bühnen gut. Wie sichtbar sind Menschen mit Behinderung im Theater? Welche Konsequenzen hat eine inklusive Arbeitsweise, über den Kunstbetrieb hinaus? Eine inklusive Arbeit fordert auch die Theologin Julia Schönbeck. Sie führt aus, was in den Kirchen nötig wäre: Barrieren abbauen, Sehgewohnheiten weiten und neue Geschichten erzählen. Die Bilder in dieser Heftausgabe zeigen Claire Cunningham. Die Tänzerin und Choreografin zählt zu Schottlands gefeierten und international erfolgreichsten Künstler*innen. In ihrer Arbeit setzt sie sich tänzerisch mit Körper und Behinderung auseinander und kritisiert klassische Bewegungsstile und Tanznormen, die für nichtbehinderte Körper entworfen wurden.
Zusammenfassung in einfacher Sprache:
Wir denken oft, dass nicht behinderte Körper «normal» sind. Das ist auch in den Kirchen und der Theologie so. Dabei ist im Christentum Jesus wichtig. Jesus war auch verletzt. In dieser Heftausgabe erzählen Menschen mit Behinderung von ihren Erfahrungen. Beispielsweise erzählen sie von Theater, das Menschen mit Behinderung machen. Oder sie fordern, dass Menschen mit Behinderung überall in den Kirchen mitmachen können.