Der grosse Schweizer Frauenstreik im Sommer 2019 und das Jubiläum zu 50 Jahren Frauenstimm- und Wahlrecht 2021 brachten ihren Namen stärker ins Bewusstsein: Clara Ragaz-Nadig (1874-1957).
Die Pazifistin, Pädagogin, Stimm- und Wahlrechtskämpferin und religiöse Sozialistin steht allerdings bis heute im Schatten ihres berühmten Mannes, des Theologen Leonhard Ragaz. Er hinterlässt eine Vielzahl an Schriften und kann für sich beanspruchen, der religiös-sozialen Bewegung der Schweiz ein Gesicht gegeben zu haben. Fakt ist aber: Clara Ragaz-Nadig ging ihrem Mann in wichtigen Entscheidungen voraus. Sie entwickelte – begründet in einer nicht-bürgerlichen christlichen Ethik und eingebunden in ein globales Netzwerk von Aktivist*innen – ihre eigenen Einsatzfelder und Themengebiete: Geschlechtergerechtigkeit, Frieden, Solidarität mit Geflüchteten, Bündnispolitiken zwischen Arbeiter*innen und bürgerlichen Linken, sowie Care als Kern jeden Wirtschaftens. Als Vizepräsidentin der Internationalen Frauenliga für Frieden und Freiheit (IFFF/WILPF), deren Schweizer Zweig sie mitgegründet und präsidiert hatte, vertrat sie ein umfassendes Verständnis von Frieden und Friedensarbeit welches auch heute noch aktuell ist.
Vielfältige Errungenschaften des 20. Jahrhunderts bauen auf dem Denken und Handeln von Frauen wie Clara Ragaz-Nadig auf – das in der Schweiz spät durchgesetzte Frauenstimm- und Wahlrecht ist nur ein Beispiel.
2024 ist das Jahr des 150. Geburtstages von Clara Ragaz-Nadig: Sie wurde 1874 in Chur geboren – in Graubünden blieb sie zeitlebens verwurzelt – und starb 1957 in Zürich. Das Haus Gartenhof im ehemaligen Arbeiter*innenquartier Aussersihl in Zürich, in dem sie über Jahrzehnte gelebt und gewirkt hat, existiert noch heute als Begegnungsort des Schweizerischen Friedensrats oder der Religiösen Sozialist*innen.
Die Zeitschrift Neue Wege, die Publikation der religiös-sozialen Bewegung und damit auch von Clara Ragaz-Nadig, nimmt dieses Jubiläum zum Anlass, Clara Ragaz-Nadigs Wirken zu würdigen, zu feiern und weiter in die Gegenwart zu übersetzen. Die Zeitschrift wird 2024 eigene Projekte (Sonderausgaben, Veranstaltungen) umsetzen, und sie möchte andere dazu motivieren, sich mit Clara Ragaz-Nadig auseinanderzusetzen. Gerne vernetzt die Redaktion Neue Wege verschiedene Ideen und Projekte miteinander. Sie kann auch Hinweise geben auf Archivmaterial.
Dazu lancieren die Neuen Wege einen breiten Call in der Wissenschaft und Forschung, im Journalismus und in der Publizistik, in der feministischen und friedenspolitischen Bewegung, in Kirchen und im Kulturbereich.